Textrezepte 147 – Protokollsprache
Protokolle fordern einen eigenen Sprachstil. Im Vergleich zu knackigen Werbetexten, zur wertschätzenden Korrespondenzsprache oder zu spannenden journalistischen Beiträgen ist bei der Protokollsprache ein sachlicher, klarer, verständlicher und kurzer Schreibstil gefragt.
Meine Empfehlungen für eine souveräne Protokollsprache
1. Zeitform in der Protokollsprache
Das Protokoll wird immer im Präsens (Gegenwartsform) geschrieben
Beispiel: Das Gremium genehmigt den Antrag.
(Falsch: Das Gremium hat den Antrag genehmigt.)
(Falsch: Das Gremium genehmigte den Antrag.)
2. Stilistik in Protokollen
2.1. Möglichst wenig Passivformulierungen verwenden
Statt: Das Konzept wird präsentiert.
Besser: Max Muster präsentiert das Konzept.
2.2. Nominalstil vermeiden
Statt: Nach Verteilung der Unterlagen folgen Erläuterungen des Präsidenten.
Besser: Der Präsident verteilt die Unterlagen und erläutert sie.
2.3. Keine Schachtelsätze
Statt: Da Hans Muster schon eine Person kennt, die diese Begleitung für den ersten Schritt übernehmen kann, wird Anita Beispiel mit dem Projekt beauftragt.
Besser: Hans Muster kennt eine kompetente Fachperson. Anita Muster wird uns bei den ersten Projektschritten begleiten.
2.4. Vollverben statt Modalverben
Statt: Dora Meier möchte sich beim Team bedanken.
Besser: Dora Meier bedankt sich beim Team.
2.5. Zu viele «dass»-Sätze vermeiden
Statt: Hans Muster weist darauf hin, dass er an der letzten Sitzung darauf aufmerksam gemacht habe, dass er die Mitarbeitenden involvieren würde.
Besser: Hans Muster weist darauf hin, er habe an der letzten Sitzung angeregt, die Mitarbeitenden zu involvieren.
2.6. Fremdwörter und Anglizismen sparsam verwenden
Statt: Das Produkt XY wird durch das Produkt YZ substituiert.
Besser: Das Produkt YZ ersetzt das Produkt XY.
2.7. Nicht allgemein bekannte Abkürzungen vermeiden oder ausschreiben
Statt: Das BAG verlangt gemäss Art. 189 StSV AP.
Besser: Das Bundesamt für Gesundheit verlangt gemäss Artikel 189 der Strahlenschutzverordnung Abnahmeprüfungen.
2.8. Doppelaussagen (Pleonasmen) vermeiden
Statt: Für dringende Notfälle wird eine Hotline eingerichtet.
Besser: Für Notfälle wird eine Hotline eingerichtet.
2.9. Adjektive sparsam einsetzen
Statt: In Bezug auf das Budget herrscht im Team vollkommener Konsens.
Besser: Das Team ist sich punkto Budget einig.
2.10. Vornamen statt Geschlechterbezeichnung
Statt: Frau Beispiel wird die Hotelzimmer reservieren.
Besser: Anita Beispiel wird die Hotelzimmer reservieren.
3. Indirekte Rede in Protokollen
Meinungen und Behauptungen der Sitzungsteilnehmenden werden in der indirekten Rede festgehalten. Die indirekte Rede wird mit dem Konjunktiv gebildet:
Beispiel: Sandra Meier hält fest, dass das Budget zu niedrig sei.
Beispiel: Franz Müller findet, dass man das Umsatzziel noch einmal überdenken solle.
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Das öffentliche Seminar zum Thema:
WEKA Praxisseminare: Effektive Protokollführung, am Mittwoch, 18. März 2020 oder am Mittwoch, 23. September 2020 am Zentrum für Weiterbildung der Universität Zürich.