30
Sep
2010
29

Textrezepte 65 – Kurzportrait

Ein Kurzportrait beschreibt eine Person und liefert wichtige Informationen über deren Werdegang. Das Portrait soll Vertrauen schaffen und den schlüssigen Nachweis erbringen, weshalb der oder die Portraitierte auf einem gewissen Gebiet über besondere Kompetenzen verfügt. Diese Stilform ist in der Unternehmenskommunikation häufig gefordert. Zum Beispiel in Unternehmensportraits, auf Websites oder in Präsentationen. Nachfolgend ein paar Tipps zum Kurzportrait in Prosa-Form am Beispiel von Karl Lagerfeld.

1. Erzähl-Perspektive festlegen und konsequent durchziehen.

Beispiel Ich-Perspektive:
Ich bin 1938 geboren und in Hamburg aufgewachsen. Schon früh faszinierte mich die Modewelt. 1953 zog es mich nach Paris, in die Stadt der Mode. 1955 gewann ich einen ersten Mode-Wettbewerb und erhielt eine Stelle im Modestudio von Pierre Balmain. (…)

Beispiel aus der 3. Person Singular (neutrale Perspektive):
Karl Lagerfeld ist 1938 geboren und in Hamburg aufgewachsen. Schon früh faszinierte ihn die Modewelt. 1953 zog es ihn nach Paris, in die Stadt der Mode. 1955 gewann er einen ersten Mode-Wettbewerb und erhielt eine Stelle im Modestudio von Pierre Balmain. (…)

2. Zeitform festlegen und konsequent durchziehen.

Tipp: Historisches Präsens
Das historische Präsens macht Vergangenes lebendig. Bei dieser Verwendung des Präsens muss durch eine Zeitangabe oder den Kontext deutlich werden, dass es sich um etwas Vergangenes handelt.

Beispiel Ich-Perspektive mit historischem Präsens:
1938 in Hamburg das Licht der Welt erblickt, fasziniert mich schon als kleiner Junge die Modewelt. Im zarten Alter von 15 Jahren zieht es mich nach Paris. In der Stadt der Fashion und Catwalks fühle ich mich wie im Paradies. Bereits im Jahr 1955 gewinne ich meinen ersten Mode-Wettbewerb und eine Stelle im Modestudio von Pierre Balmain. (…)

3. Die Sätze abwechslungsreich aufbauen.

Ein stereotyper Satzaufbau ist langweilig. So nicht:
1938 bin ich in Hamburg geboren und war schon früh fasziniert von der Modewelt. 1953 zog es mich nach Paris. 1955 gewann ich einen ersten Mode-Wettbewerb und erhielt eine Stelle im Modestudio von Pierre Balmain. (…)

4. Bildhaft und lebendig schreiben.

Möglichst viele bildhafte Beschreibungen einbauen, damit im Kopf der Leserin bzw. des Lesers ein Bild entsteht:
… schon als kleiner Junge … statt … schon früh
… die Stadt der Fashion und Catwalks … statt … die Modestadt
… das Licht der Welt erblicken … statt … geboren werden
… im zarten Alter von 15 Jahren … statt 1953
etc.

Auch immer sehr anschaulich sind Vergleiche:
Beispiel: In der Stadt der Fashion und Catwalks fühle ich mich wie im Paradies.

5. Die Leserschaft überraschen oder zum Schmunzeln bringen.

Zum Beispiel mit einer Kernaussage einsteigen: «Mode bleibt Mode, bis sie den Leuten zum Halse heraushängt.»

6. Last, but not least: Kurz schreiben.

Ein Kurzportrait ist keine Biografie. Ideale Länge: 800 bis 1000 Zeichen (inkl. Leerschläge). Inhaltlich kommt das rein, was für die Ausübung der jetzigen Tätigkeit wichtig ist. Der Werdegang muss also nicht bei der Geburt beginnen, sondern dann, wann es Sinn macht.

Beispiel für eine Grafikdesignerin:
Mit beruflichen Wurzeln in der kaufmännischen Branche entflammte meine Liebe zum Design etwas später, dafür umso heftiger: In meiner Zweitausbildung zur Grafikdesignerin lernte ich das Spiel mit Farben und Formen kennen und lieben.